Weihnachtszeit 2020
Gedanken und Bilder zur Weihnachtszeit 2020 und zu Neujahr
Behalte den Flug in Erinnerung - der Vogel ist sterblich.
(Forugh Farrokhzad)
Gedanken zur Weihnachtszeit 2020
Nun ist es wieder einmal soweit: es naht die als Fest der Stille angekündigte weihnachtliche Zeit und ehe wir uns versehen ist sie auch schon da allerdings ganz entgegen der alljährlich stets vorgetragenen und vorgebeteten Beschwörungen erneut (vielleicht sogar: verstärkt) mit Lärm, Hektik und besonderen Formen der Oberflächlichkeit, im letzteren Fall kennt der Einfallsreichtum der Verführer und auch der jener gewiß nicht immer selbstlosen oder gar altruistisch ausgerichteten Ratgeber und Ratgeberinnen sicherlich keine Grenzen.
Wer jetzt befürchtet, es werden wie jedes Jahr die triefenden Töne aus den Mündern ebenso auf Feierlichkeit und Verantwortung für das Ganze gestylter Gesichtern ihre Dunstkreise ziehen, der oder die dürfte mit dieser Besorgnis richtig liegen. Die alljährliche zur Schau getragene Kluft zwischen Theorie und Praxis, zwischen schnellem Verpuffen und erhoffter Nachhaltigkeit, zwischen Besinnlichkeit und Raserei (dies in seiner mehrfachen Bedeutung ...) hat eben wieder einmal Hochkonjunktur.
Ärgerlich? Eigentlich schon. Aber es gibt einen Ausweg: abschalten, nicht hinhören, dem Versuch, das Aufgezwungene zu lesen, widerstehen. Also: mit jenen nicht mitmachen, sie nicht beachten, ihnen kein Publikum sein! Und noch einen anderen, will man die ausgetrampelten Konsum- und Kulturpfade meiden: sich antizyklisch verhalten und jene Orte suchen, wo noch die von jenen Täuschern so auf verlogene Weise vielgepriesene und vorgetäuschte Ruhe tatsächlich vorherrscht, wo es Stille gibt, wo Langsamkeit, Beschaulichkeit und Besinnlichkeit noch eine Heimat haben.
Lassen wir die wir uns nach mehr Qualität sehnen, nach mehr Innerlichkeit, nach wirklicher Entspannung, nach Aufrichtigkeit, ja: auch nach Veränderung, nach Abkehr von einem nicht mehr zu übersehenden schädigenden Rhythmus , lassen wir uns also nicht verwalten, steuern und einreden, was für uns gut ist, was »man« zu solch festlichen Ereignissen wie Weihnacht und Jahreswechsel zu tun und zu denken und als »festlich« zu empfinden hat.
Sie werden das ist so sicher wie das Amen in den Kirchen weiter sinnlos und Millionen Werte vernichtende Böllereien betreiben, sie werden weiter sich die besten Vorsätze vornehmen (wenn überhaupt), davon in aller Regel dann doch nichts umsetzen (denn das hieße ja unter anderem Anstrengung, Eigenverantwortung und Mündigkeit!). Die blind-tollkühne Karawane aus Wirklichkeitsverächtern wird das kennt man ja (sofern man es erkennen will) in gewohntem Trott und internalisierter Rigidität, auch im Schmieden und klettenhaftem Beibehalten eigentlich überholter Allianzen, ungestört ins neue Jahr watscheln. Das Sich-Messen in all jenen Torheiten, welche mangels gefühlter natürlicher Verpflichtung und Aufgaben, der Überbrückung der Zeitspanne zwischen Alpha und Omega dienen, wird wie gehabt in steter Regelmäßigkeit weiter wuchern. Kurz: die Ekelhaftigkeit und das eifrige »pretending« wird fortgeschrieben. Schlimm? Ja. Sicherlich. Aber auch hier gilt: man muß da nicht mitmachen, man kann Oasen finden, es gibt echte, wertvolle Nähe, es gibt sie immer noch, die Verläßlichkeit ohne hintersinnige Gedanken an Ausbeutung und Utilitarismus. Es gibt sie noch, jene Schleichwege, jenes Gelände, auf dem man seine Slalomstangen selbst gesteckt hat, es auch konnte. Es bedarf lediglich (!) der Kraft, einzusehen, daß man nicht überall dabei sein muß, daß man nicht überall in üblen Chorgesang einstimmen muß, daß man auf gar keinen Fall sich andauernd für sein Andersverhalten rechtfertigen muß. Wie hat es im Film »Der Club der toten Dichter« aus dem wirklich gescheiten Munde eines Protagonisten geheißen? So: »Ich mache von meinem Recht auf Nichtteilnahme Gebrauch!« Gut so! Und vor allem sehr oft auch unbedingt: notwendig!
In diesem Sinn sollte man all jenen, die ihre individuellen Wege gehen [natürlich ohne dabei anderen zu schaden!*)] ein schönes Weihnachten und ein gesundes, ja auch: qualitativ erfolgreiches Jahr wünschen, sich dabei sorgsam jenen Kreis aussuchen, mit dem man frei und aufrichtig und geborgen diese Zeiten der Besinnung, jene »Schlüsseltage« verbringen kann. Und gibt es diesen Kreis für einen (bedauerlicherweise) nicht, dann mag gelten: die tumbe Masse, jene Sammelsurien an Oberflächlichkeit und leider auch recht häufig zugleich an Dummheit, eine Umgebung, die man nur aufsucht, um nicht alleine irgendwo herumsitzen zu müssen, in der man sich dann mangels dort vorherrschender besserer Alternativen an blödsinniger und lauter Geschwätzigkeit beteiligt, löst das Problem gewiß nicht ...
In a world of fugitives, the person taking the opposite direction will appear to run away.
T.S. Eliot, The Family Reunion
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Man kann sie sicherlich immer noch finden, wenngleich auch nicht allzu häufig (es bedarf schon einer gründlichen Suche, diese allerdings sicherlich mit leichterem Erfolg möglich als die nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen!), nämlich jene Orte und Personen, denen ein Seilschaftendogmatismus fern liegt, wo man politische Korrektheit ebenso vermeidet wie dumpfbackige Humoresken, wo ein Interesse an Tiefe und ein Vermeiden von Oberflächlichkeit gepflegt wird, kurz: wo man sich geborgen und frei zugleich sowie in einem positiven Sinn gefordert fühlen kann.
Ich jedenfalls kann all jene sehr gut verstehen, vor allem auch ihr konsequentes Verhalten nachempfinden, wenn sie gebetsmühlenhafte Vorträge (vor allem von Politikern und Leuten der Kanzeln, aber auch von geduldsamen Mitläufern, von Corona-Leugnern, von Verschwörungstheoretikern, von Medienmachern mit ihren häufigen belehrenden bis hin zu pädagogisierenden, penetranten Einflußversuchen, und, und, und ...) ablehnen, meiden, vermeiden und deren Mundstuhl aus dem Wege zu gehen versuchen. Wer das konsequent kann: Chapeau! Wer es auch nur immer wieder versucht: ebenfalls Chapeau! Und wer es gerne möchte, aber auch welchen Gründen (fast) auch immer nicht schafft: dann nur mehr psychologisch erklärbares Verstehen, jedoch kein »Chapeau« ...
Es gibt sie nämlich schon noch, jene Oasen der Ruhe, der Stille, der Beschaulichkeit, des Einander-wirklich-Verstehens, der ehrlichen Auseinandersetzung(en), der Suche nach Wahrheit und wirklicher Sinnhaftigkeit. Wenn der Schweizer Aphoristiker Ernst Reinhardt sagt »Die Suche nach Sinn ist schwierig in einer Welt der Zweckmäßigkeiten.«, dann dürfte er sicherlich ein echtes Problem angesprochen und vor allem richtig erfaßt haben.
Aber dieser Satz beinhaltet nach meinem Dafürhalten in erster Linie (diese Interpretation hängt natürlich ab von der hier zugrundeliegende Haltung: empfindet man ein Glas eher als halbvoll oder halbleer ...; hier habe ich mich mal ist auch bei mir nicht immer die Regel! für das »halbvoll« entschieden) einen Trost und eine Aufgabe zugleich, nämlich daß die Suche ja schwierig sein mag, jedoch nicht sinnlos! Also »einfach« diesen schwierigen Weg gehen, sich aufmachen! Eben: nicht gleich immer resignieren, dies möglichst bis zum Ende aller Tage (diese ergänzende Einlassung vor allem auch deshalb, damit auch an dieser Stelle die weihnachtlich gebotene Transzendenz nicht zu kurz kommt ...).
Ein Wunschbündel, das man sich zumindest in großen Anteilen selbst erfüllen kann ... Vielleicht mag da ja diese Aussage T.S.Eliots eine hilfreiche Leitlinie sein: "Whatever you think, be sure it is what you think; whatever you want, be sure that is what you want; whatever you feel, be sure that is what you feel."
*) Es gibt natürlich Leute, die bereits es nicht ertragen können, daß jemand sich von ihnen fernhält, sich nicht an ihren (fast dann ausnahmslos egoistisch gesteuerten!) Präferenzen beteiligt, die gerne Staffage um sich benötigen (um sich wichtig und nicht einsam fühlen zu können!), die sich gerne hofieren lassen, kurz: die bestimmen, wo es ihrer Meinung und ihrem Gefühl nach »langzugehen« hat, die dann jenen von ihnen so gesehenen »Abweichler« von mangelnder Teamfähigkeit bis hin zu unsozialem Verhalten vorwerfen, zu »schaden« ... Diese Attitüde gilt es natürlich nicht zu unterstützen, also keine Formen von Co-Abhängigkeiten und / oder von Erpressungsversuchen bzw. Nötigungen unterstützen! Sich also: kein »schlechtes Gewissen« machen lassen von jener Spezies ...
For last year's words belong to last year's language
And next year's words await another voice.
And to make an end is to make a beginning.
T. S. Eliot (from: Little Gidding)
Corona-Christmas (X-mas song 2020)
It's somewhat a pandemic Christmas once again
Lots of things perhaps are fencing you in
The humdrum and hustling everywhere even grows
Some folks know way of a hell how that goes
But this year, yeah, it is really worse
We all are threatend by Corona's tragic curse
This deadly threatening is all around
This special thinking seems just we're heaven bound
Es wäre Weihnachtszeit sich zu besinnen
Endlich wieder Hast und Hetze zu entrinnen
Muse für sich endlich einmal wiedergewinnen
Am kristallklaren See eine ruhige Zeit verbringen
In Stille durch die ruhigen Wälder gehen
In klarer Nacht deutlich all die Sterne sehen
Verständnis und schöne Gespräche suchen
Und nicht ein Schicksal nur stets verfluchen
Year by year we let it go by seemingly almost fine
Feel your passing through once again it's Christmas time
Busy being shopping and running to and fro
Father Christmas shouting his stupid Ho Ho Ho
While we keep on thinking we're really the best
So many keep on ignoring the poorer world's rest
While we play a game of being heavenly satisfied
Hunger and disaster are other humans' constant plight
Es wäre einmal Zeit sich wieder mehr zu besinnen
Mit wirklichem Weihnachtsdenken zu beginnen
Sich von all den Äußerlichkeiten besser trennen
Und das was wirklich zählt endlich zu erkennen
Wieder mehr den Taktschlag des Herzens hören
Spüren wie sinnlos all jenes Kanzel Betören
Die wahrhafte Botschaft sei endlich entfacht
Damit ein Gefühl es ist endlich einmal Weihnacht
Ein ganzes Jahr voll mit einem »es weihnachtet sehr« ...
Ein ganzes Jahr voll mit einem »es weihnachtet sehr« ...
Ein ganzes Jahr voll mit einem »es weihnachtet sehr« ...
Ein ganzes Jahr voll mit einem »es weihnachtet sehr« ...
(FagusArua 23.12.2020)
Vielleicht mein allergrößtes "Weihnachtsgeschenk" dieses Jahr:
"Das Gefühl, etwas verpaßt zu haben, ist die Konsequenz aus der Pluralität der Möglichkeiten."
(aus: Eine harte Tour)
Lied im Advent
(Hermann Claudius)
Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
dass er leuchte uns so sehr
durch die dunklen Stunden.
Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.
Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!
(Anm.: Hermann Claudius ist ein Urenkel von Matthias Claudius)
Advent
Es treibt der Wind im Winterwalde
Die Flockenherde wie ein Hirt.
Und manche Tanne ahnt wie balde
Sie fromm und lichterheilig wird;
Und lauscht hinaus.
Den weißen Wegen streckt sie die Zweige hin - bereit
Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
Der einen Nacht der Herrlichkeit.
(Rainer Maria Rilke)
Adventskranz
Licht für Licht in Stille genießen
Der Geist in Besinnlichkeit ruht
Auszeit von alltäglicher Hektik
Rinnende Zeit bewußt spürend
Gedanken statt großem Reden
Gefühl im Kerzenflackern spiegeln
Das Umfeld aufgeräumt und sauber
Adventliche Stimmung schaffen
Keine fremden Geräusche
Eigener Atem als Melodie
Leises Knistern im Kerzenschein
Störungen der Sinne ausschalten
Schlichtheit geschaffen
Alltag beiseite geräumt
Langsamkeit und Ruhe
Die beschauliche Stille
Kerzen anzünden und in
Flammen blicken
(Fagusarua 01.12.2020)
Weihnachten in der Natur, am See mit der tollen Schwanenfamilie, Weihnachten fernab von all der Hast, der Oberflächlichkeit, der so oft gespielten Besinnlichkeit, dem "Weihnachts-Theaterspielen", weitab von Belehrungen und Schönrednerei, taub gegenüber all den pseudofeierlichen Ansprachen und dem Süßholzraspelgerede, Weihnachten mit schöner Musik der leisen Töne, Weihnachten als wirkliches Symbol für qualitatives Leben -- ach, das ist schön, ach, das wäre doch schön!
Welch Glück, wenn man es geschafft hat, bestimmte Spiele der Masse nicht mitmachen zu müssen, wenn das Bedürfnis nach all jener tumben Hektik und dem Haschen nach Aufmerksamkeit gut gezügelt werden kann ...
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