Bewahret diese Kultur! Sie sei weiterhin maßgebliches Zeichen unserer Gesellschaft.
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Weihnachtszeit 2016
Gedanken und Bilder zur Weihnachtszeit 2016 und zu Neujahr
Weihnachtsgedicht (2016)
Weihnachten 2016
Heiliger Abend, heilige Nacht, heiliger Tag:
heilig nicht im Verständnis märchenhafter
Erklärungen aus klerikalen Mündern; NEIN:
heilig verstanden – als heilbringend, heilvoll.
Diese Zeit als Momentum, eine Gelegenheit
zur Entschleunigung, zum Innehalten ...
Sich bewußt machen, derartige Auszeiten
immer wieder zu reklamieren, zu leben:
entfernt von Lärm, Hast, Fremdbestimmtheit!
Sich befreien von Belehrungsmaschinerien,
von volkspädagogischer Infiltration und den
tumben Versuchen, den Geist zu knechten.
Salbungsvoller Geschwätzigkeit widerstehen!
Heil als Glück, als Wohlergehen, als Rettung
vor all jener alltäglichen Impertinenz, aus
welcher Richtung auch immer ...
Versuche, heil zu bleiben, also unverletzt,
unbeschädigt, gesund – das Schöne, das Gute
strebend zu suchen, auszuweichen all den
Hindernissen aus Frechheit und Dreistigkeit.
Heilig als Maxime für ein erfülltes Diesseits,
ohne Projektionen auf Unwirkliches ...
Hic Rhodos, hic salta – hic et nunc: ganz
ohne Vertröstungen auf Unerfüllbares!
Der heilige Tag in Impressionen (Hopfensee, Irsee, Frankenhofner See)
Ein paar Gedanken, abschließend zu Weihnachten 2016 und zum vergangen Jahr, an dieser Stelle.
Welche Bedeutung kann Weihnachten für all jene haben, die all die vielen, gleichsam märchenhaft anmutenden Geschichten um Christi Geburt, nicht als Wiedergabe auch nur irgendeiner Realität sehen, die sich mit der Vorstellung vom sogenannten Gott verbindet? Gibt es für all jene überhaupt eine Art Recht auf Weihnachten? ........ Natürlich! Und das sei aus meiner Sicht nachfolgend erläutert. Es gibt viele Geschichten mit einer Botschaft. Derartige Botschaften sollten zum Nachdenken, zum Überdenken, ja auch stets etwas zum Innehalten anregen. Es ist jeweils die Geschichte selbst, die Geist und Gemüt fordert, dies unabhängig davon ob eine solche Geschichte wahr, beweisbar, (bis ins Detail) nachprüfbar ist oder nicht. In der Geschichte der Menschheit lassen sich leider allzuviele Geschehnisse aufzeigen, welche immer wieder all jene Kräfte, die hinter religiösen Bewegungen als Triebfeder agierten, in einem äußerst schlechten, sehr oft auch in einem: unmenschlichen Lichte erscheinen lassen. Diese Tatsachen des sich in Widerspruch zum eigentlichen Inhalt einer jeweiligen Botschaft Verhaltens, deren Kontinuität zu malträtieren, sie bis hin zur Unkenntlichkeit zu verformen, gänzlich entgegen dem leben, was man verkündet und predigt sowie anmahnt, schaffen letztlich auch Unglaubwürdigkeit. So ist der vielfach beschworene Unglaube nicht selten auch ein Produkt jener, die ihren Glauben durch eigenes Verhalten desavouieren. Auch in den sogenannten christlichen Religionen kann man größte Unchristlichkeit, nimmt man den Kern dieses Glaubens als Richtschnur, immer wieder feststellen. Kriege, Verbrennungen, Rechthaberei und Dogmatismus, Ausrottung Andersgläubiger, Sünde sowie Verbrechen gegen Umwelt und Mensch, und andere Widersprüchlichkeiten gegenüber dem als christlich oder anderweitig als ethisch und moralisch hochstehend dargestellten Glauben begleiten die Glaubensbewegungen bis in die heutige Zeit. Gerade auch im sogenannten Luther-Jahr 2017 sollte man sich durchaus erinnern, daß jener Reformator durchaus kritisch zu sehen ist: man lese nur sein Buch über die Juden, in dem man Gedanken findet, die durchaus dem entsprechen, was die Nazis an Greueltaten und Verbrechen gegenüber jenem Volk verübt haben; letztlich hat Luthers Reformation auch zum Dreißigjährigen Krieg geführt, also auch daran hat er einen entscheidenden Anteil und ich bin mir nicht sicher, ob es gerechtfertigt wäre, in diesem Zusammenhang davon zu sprechen, daß der (gute) Zweck immer alle Mittel, also auch den Krieg, heilige. So gesehen kann man Luther durchaus auch eine große Schuld zuschreiben, an dem was seine Gedanken, was sein (theologisch orientiertes) Tun, dann ausgelöst haben. Auch die durch sein Denken entstandene Protestantische Ethik darf man durchaus als zwiespältig bezeichen, was Freiheit und eine humane Entwicklung der Menschen angeht. Nein, es dürfte kaum eine nennenswerte Religion geben, die nicht sehr viel Schuld auf sich geladen hat und allein schon insofern sich mit Forderungen und Vorgaben als auch Restriktionen als im Glashaus sitzend zu betrachten hat und füglich besser nicht mit Steinen werfen sollte!
Aber es geht ja hier in erster Linie um Weihnachten und nicht um eine Fehler- und Mängelanalyse diverser Religionen. Es geht auch nicht darum, ob die Geschichte der Hirten, der Drei Weisen, vor allem auch die der Parthenogenese (Jungfrauengeburt) wahr ist oder nicht. (Was die Parthenogenese angeht, hat Cat Stevens eine Möglichkeit -- sicherlich nicht die einzige -- in seinem sehr schönen Lied The Boy With A Moon And Star On His Head angedeutet.) Wer all das glaubt, soll es glauben. Wer all die Gedanken an ein endgültiges Ende des menschlichen Lebens und an ein Nichtweiterleben nach dem Tode nicht ertragen kann, der oder die soll doch ruhig ihren Trost in der Religion finden, soll all diese Geschichten als zuverlässig und vertrauensbildend erleben. Nicht jedoch sollten jene Gläubigen und vor allem deren Glaubenshüter (sogenannte Stellvertreter des Ewigen ...) andere, die argumentieren, der Mensch habe Gott als eine Art Projektion geschaffen, weil der Mensch sich mit seiner Endlichkeit psychisch einfach nicht abfinden kann und will, zu belehren versuchen. Vor allem sollte in einer strikten Trennung von Staat und Kirche -- diese ist nämlich auch in Deutschland entgegen den Vorgaben im Grundgesetz immer noch nicht voll verwirklicht! -- der Machteinfluß derjenigen beschränkt werden, die auf einer mit nichts belegbaren Prämisse -- nämlich daß Gott existiert -- ihr Lebens- und Glaubensmodell auf eine Gesamtheit überzustülpen versuchen. Es muß in einem pluralistischen Staat gelten: Absolute Freiheit vor allen kirchlichen Einflüssen! Glaube muß Privatangelegenheit sein und bleiben bzw. werden.
Weihnachten wird also die Geburt des Jesus von Nazareth gefeiert. Dabei ist dessen Geburtsdatum gänzlich unbekannt. Wie aber kam es dann dazu, daß man diese Zeit, die Christnacht (auf den 25. Dezember des jeweiligen Jahres), als Feier der Geburt Jusu Christi wählte? Erstmals bezeugt ist dieses Feiern für das Jahr 336 n.Chr. (25.Dezember), ungeklärt ist jedoch, wie es zu diesem Datum kam. Dieses Weihnachtsfeiern hat den von Kaiser Aurelian am 25. Dezember 274 verfügten Reichsfeiertag Natalis Soli Invicti (eine Wintersonnenwendfeier!) verdrängt und bewußt christianisiert wurde, weil auch viele Christen an jenen Feiern teilnahmen und das Christentum römische Staatsreligion werden sollte. Aus dem eigentlich heidnischen Festtag, an dem die Geburt der eigentlichen Sonne der Gerechtigkeit gefeiert worden war, wurde dann vielfach von frühen Christen in Abgrenzung zu jenem Sonnengott Christus als Christus Verus Sol, also Christus als die wahre Sonne als Feiergrund auf diesen Tag gelegt. Allerdings ist dies eher eine von mehreren Hypothesen, wissenschaftlich belegt sind diese alle nicht.
Christen wurden im Römischen Reich bis zum Konzil von Nicäa (325n.Chr.) verfolgt, besonders unter Kaiser Diokletian (245-316) nahm die Christenverfolgung extrem zu. Er wollte auch alte heidnische Kulte wieder aufleben lassen und zur Staatsreligion machen. Diese antichristliche Politik scheiterte und wurde vom Nachfolger, Kaiser Konstantin 1. (285-337) wieder aufgehoben. Es gab jedoch auch hier wieder kirchliche Konflikte, die unter der Federführung von Konstantin zu einem Kompromiß führten: Jesus und Gott seien eine Wesenseinheit. Alle anwesenden Kirchenleute unterzeichneten diese Definition und anschließend hörten die Christenverfolgungen auf. Eine endgültige Stärkung erfuhr das Christentum dann durch die Unterzeichnung eines Dekrets am 27. Februar 380; der oströmische Kaiser Theodosius 1. (347-395), der weströmische Kaiser Valentinian 11. (371-392) sowie dessen mitregierender Halbbruder Gratian (359-383): Das Christentum wurde römische Staatsreligion, die Ausübung heidnischer Kulte wurde unter Strafe gestellt. In jenem Dekret Cunctos populos wurde auch die Verfolgung der Andersgläubigen legitimiert ... Man könnte auch sagen: wie schnell der Wind sich manchmal dreht.
Also auch geschichtlich ist längst nicht alles so klar, wie man häufig Glauben machen möchte. Aber eines ist unbestreitbar: Weihnachten ist in all den Jahrhunderten, mit all den Jahren, zu einer festen kulturellen Institution in unserem Land geworden, und zumindest viele Ideen, welche mit zu diesem Fundament beigetragen haben -- von denen auch Agnostiker und Atheisten oder wie immer man all jene bezeichnen möchte, denen Gott nichts bedeutet, die seine Nichtexistenz vermuten, die all dem klerikalen Jenseits- und Absolutheitsgerede nichts abgewinnen können, für die Ewigkeit bestenfalls eine märchenhafte Vorstellung sein kann --, können und sollten allgemeine Anerkennung und Wertschätzung finden. Und es sind Ideen, die ohne irgendeinen Bezug zu Kirche gelebt werden können. Diese Ideen sind teilweise den Kirchen im Zuge der Geschichte, vor allem durch die Aufklärung, mühsam abgerungen worden und haben deshalb ihre Gültigkeit gerade auch in einer Gott sei Dank (zumindest überwiegend) säkularisierten Welt. So gesehen ist WEIHNACHTEN nicht mehr ausschließlich ein durch die Kirchen gewährtes und geschaffenes Privileg, sondern ein Allgemeingut für alle Menschen im Staat! Ein Junktim zwischen Glauben und den Räumen, welche die Weihnachtstage gewähren, wäre nicht (mehr) haltbar. Nochmals: Weihnachten ist spätestens heutzutage als gewachsenes Kulturgut zu sehen.
Was kann man dann ohne Affinität zur Institution Kirche, zu den dort gepflegten Reden und Angeboten, mit Weihnachten, mit dieser schönen Zeit, anfangen? Letztlich ist dies eine persönliche Entscheidung. Ein paar Anregungen -- die mir wichtig erscheinen (und zumindest in Teilen auch aus der christlichen Botschaft herrühren!) -- möchte ich geben. Da ist einmal das Annehmen einer Auszeit, nicht eine Hektik durch eine andere zu ersetzen (also üblicher Alltagsstress versus Freizeitstress ...), darüber nachdenken, ob denn weniger nicht in sehr vielen letztlich dann mehr bedeutet, Verzicht auf Völlerei und Gigantomanie (hinsichtlich Erwartungen, Geschenke, Unruhe, Alles-Mitnehmen, etc.), einmal mehr sich darüber Gedanken machen, was das Leben wirklich wertvoll macht, was im Leben wirklich zählt, Bilanz darüber anstellen, von welchen Überflüssigkeiten man sich besser trennt als ihnen weiter ausgeliefert zu sein. Überlegungen anstellen, welche Stellung man denn innerhalb einer Gemeinschaft einnehmen möchte und kann (und aus den Erkenntnissen dann die jeweils notwendigen Schlüsse ziehen). Weihnachen als Fest der Stille, als Fest der Einkehr, als eine Zeit der Besinnung leben und erleben! Sich (und anderen, die es einem wert sind) Zeit schenken! Das ist (mein) Weihnachten. Und dabei finde ich durchaus auch immer wieder Wege in jene Orte, die dieses unsere Weihnachten durch ihr geschichtliches und zumindest in großen Teilen anregendes geistige Wirken ermöglicht haben, genieße auch dort das was Stille ist und zur Einsicht führt, wende mich jedoch von Prunk und etwaiger Phrasendrescherei ab, weil dies meines Erachtens gerade der weihnachtliche Botschaft zuwiderläuft.
Und aus all diesem weihnachtliche Erleben und Denken ergibt sich eine weitere Aufgabe für das eigene Leben: Sich nicht nur an Weihnachten eine derartige Auszeit verschaffen, nein, all jene Aufgaben, die Weihnachten uns stellt bzw. stellen kann, auch das eine oder andere Mal übers Jahr verteilt ...
Leider ist die Wirklichkeit wohl eine andere: Hast, Geschenkegier, Konsumterror, Unaufgeräumtheit, Oberflächlichkeit, Bevormundung u.a.m. -- alles unweihnachtlich. Wer nun glaubt, all diese negativen Auswüchse sind überwiegend ein Kind unserer Gegenwart, dem möchte ich abschließend ein paar Gedanken Herman Hesses, die er sich über Weihnachten gemacht hat, vorstellen:
"Weihnachten ist ein Inbegriff, ein Giftmagazin aller bürgerlichen Sentimentalitäten und Verlogenheiten, Anlaß wilder Orgien für Industrie und Handel, großer Glanzartikel der Warenhäuser, riecht nach lackiertem Blech, nach Tannennadeln und Grammophon, nach übermüdeten, heimlich fluchenden Austrägern und Postboten, nach verlegener Feierlichkeit in Bürgerzimmern unterm aufgeputzten Baum, nach Zeitungsbeilagen und Annoncenbetrieb, kurz -- nach tausend Dingen, die mir bitter verhaßt und zuwider sind und die mir alle viel gleichgültiger und lächerlicher vorkämen, wenn sie nicht den Namen des Heilandes und die Erinnerung unserer zartesten Jahre so furchtbar mißbrauchten." (Hermann Hesse, Mein Glaube, Teil III: Der Glaube, den ich meine, Bibliothek Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971, 1. Auflage, S. 95)
Dies schrieb Hermann Hesse 1927! Es dürfte leicht vorstellbar sein, was er über Weihnachen schreiben würde, könnte er es in der gegenwärtigen Zeit so erleben, wie es sich entwickelt hat und wie es sich weiter entwickelt ...
... und wie wird es wohl 2017 sein ...? Einfach nur abwarten, viel mehr ist da nicht zu tun. Let us sing another song on another Christmas Day, let us live and enjoy some German culture!
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