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An einen der vorübergeht
(Hugo von Hofmansthal)
Du hast mich an Dinge gemahnet,
Die heimlich in mir sind,
Du warst für die Saiten der Seele
Der nächtige flüsternde Wind
Und wie das rätselhafte
Das Rufen der atmenden Nacht,
Wenn draußen die Wolken gleiten
Und man aus dem Traum erwacht,
Zu blauer weicher Weite
Die enge Nähe schwillt,
Durch Zweige vor dem Monde
Ein leises Zittern quillt.
Dies ist die Lehre des Lebens, die
erste und letzte und tiefste,
Daß es uns löset vom Bann, den die
Begriffe geknüpft.
Dies ist die Lehre des Lebens.
(Hugo von Hofmannsthal)
Mißtrauen ist das Alpha und Omega der Weisheit.
(Marcus Tullius Cicero)
Warteraum – Trilogie
1.Teil:
Die Versammlung
einfach aufeinander verworfen:
ob passend oder nicht –
schicksalswege bemühen;
vielleicht auch eher partiell,
oberflächliche gemeinsamkeiten,
meistens jedoch: notgemeinschaft.
verstehen im unverständnis üben:
ertragen, aushalten, abstumpfen;
dagegen sein oder dafür –
massengebelle, öder singsang,
zusammenbleiben oder ehrlich:
auseinandergehen, fliehen –
passing through als schicksal;
verbindung: oberflächlichkeiten
viel zu viel an: pretending ...
zusammenhalt aus hilflosigkeit.
unfähigkeit sich loszusagen,
eigenen, wahrhaftig' sinn zu leben.
laute töne und phrasen ertragen:
und immer wieder vor allem –
dumpfes ängstliches schweigen,
fragmente aus schicksalshaftigkeit.
dem warteraum entrinnen – wie?
zufällig – irgendwie – irgendwann
das öffnen des begrenzenden tores;
meist dann jedoch: wiederholungen,
perpetuum mobile der leeren phrasen:
kakophonien der solidaritätsmünder!
2. Teil:
Wartezimmer
... gemeinsames Abwarten: meist
ausdruckslos, regungslos –
überwiegend: Schweigsamkeit;
wiederholt: Blicke auf Uhren ...
Gefühlt: Zeitdiebstahl – dann:
aufgehende Türe, rufende Stimme:
endlich ist man nun an der Reihe;
meist dann jedoch abgespeist
mit Banalitäten, überwiegend
erfahrend faktisches Desinteresse.
Schubladenattitüden und -exzesse,
Oberflächlichkeit, häufig
gar: manifeste Inkompetenz:
bedeutungsschwangeres Gerede
auf dünnen brüchigen Fundamenten.
Inhaltsleere, Unverbindlichkeiten:
Attitüden brüchigen Ichs,
Schaulaufen der Zeitdiebe.
Verantwortung als Chimäre;
die überwiegende Erkenntnis:
umsonst gewartet,
umsonst vertraut,
umsonst gehofft.
Wartezimmer als Ort
der Ohnmachtsexistenz:
Schutzwall der Ichsucht:
Selbstdarstellung der Leere.
3. Teil:
Vorzimmer
es mag schon genügen, doch gewiß nicht jedem:
wabernd' Lügen, in diesen Räumen schweben,
aus so mancherlei Ecken all die Versprechen,
zuviel davon erzeugt stets intuitives Erbrechen,
Hört die Mollgesänge der Wirklichkeitsverdreher,
die Schwulstigkeit der Heilsamkeitsversprecher!
So tun als als ob – als das Merkmal moderner Zeiten –
Imaginationen man werde zielführend geleitet ...
All den Wunderdoktores auf den Leim nicht gehen!
Hinter dem Schein doch die Grenzen jener verstehen,
sehr wohl erkennen wo jeweils deren Armut liegt.
Bei Wunschdenken sei uns nämlich kein Verbiegen:
man sehe all jene – gewogen und zu leicht befunden!
Ob auf Kanzeln, in Gremien und in all den Märkten:
mögen sie auch teuflisch geschickt sich verstärken,
mögen sie schreien oder nur schalmeienhaft ertönen –
an ihren Duktus sollte man sich niemals gewöhnen,
auf ihr dumpfes Gepoltere sei niemals versessen:
Schönrednerei und Faktengespiele sei vergessen!
Rundumblicke zeigen das allermeiste ist ein Graus!
Man glaubt zu spüren ein umfassend Orwell-Irrenhaus,
Vergeblich' Warten auf Vernunft und bessere Zeiten!
Hier läßt man sich besser nicht von Hoffnung leiten!
Wo die eine Wirklichkeit gegen eine andere gerichtet,
wo Heilsversprechen stets auf bessere Zeiten pochen,
wo man rücksichtslos nur eigene Interessen gewichtet:
da sei sehr wachsam und lasse dich nicht unterjochen.
Also sorgsam seinen Blick auf den Ausgang wenden,
Gedankenspiele: wie wird all dies einmal noch enden,
was bleibt bei all dem Schein, den Irrungen, Wirrungen?
– – – all dessen angesichts:
das Öffnen der Tore ... und ... dahinter: das NICHTS.
(FagusArua, November 2023 - Februar 2024)
Winterliche Umarmung
Abgetaucht – fern bohrender Blicke:
jegliche Sichtweite individualisiert.
O verborgen dem üblichen Treiben!
Ausruhen im jahreszeitlichen Takt.
Notwendige Erholungsphasen: jetzt.
Die Entschleunigung und Ruheoasen,
Tränen gewandelt in Eiskristalle nun.
Farben und Bilder den Blicken entrückt,
Über allem: ruhigender Schneemantel ...
Gedanken in die winterliche Starre!
Luft zum Überdenken und Suchen,
Die Stille ganz unaufgeregt begleiten
Als gehöre man ausnahmslos dazu.
Vorstellung als Medium für Beruhigung:
Entschleunigung als gedachter Stillstand;
Wachsen inmitten dieser Schutzhülle.
Gestalten aus Nebelfetzen hoch oben.
Abschiede – tatsächliche, gedachte:
Alles dem Atemhauch sanft folgend –
Atemzug um Atemzug, Takt für Takt.
Täuschung und Wirklichkeit vereint:
Nicht zwanghaft entscheiden – in Starre
Ausruhen – auftauchen – weiterleben.
Schutzhülle – – – –
Zugang beschränkt, eingeschränkt ...
Sorgfältige Wahl –
von Ding, Tier und Mensch:
An frühlingshaftes Auftauchen denkend.
Sich am steten Ruf der Krähen erfreuen!
(FagusArua)
Wird in absehbarer Zeit vielleicht weiter ausgearbeitet ...
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