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Hydraphänomina
(O Mensch: Werde!)
Der Arm längst müde geworden
im Versuch das Schwert zu heben,
sich freimachen von fremder
Geistlosigkeit und Bevormundung:
den penetranten Versuchen gelenkten
Abfragens endlich zu entweichen.
Was hier gilt und was nicht,
Was richtig und was falsch,
Wo zu schweigen und wo nicht,
Was zu antworten und was nicht:
Notwendigkeit und Überflüssigkeit
aus fremden Hirnen vorgegeben ...
Den Wust aus Impertinenzen der
Wucht des Schwertes auszusetzen!
Doch leider offensichtlich sinnlos:
Schon gar nicht eine, nein, nicht zwei:
Sogleich mehrere Wucherungen aus
vermeintlich abgeschlagenem Gehirn
Akte aus ernsthaft Scheinendem: nur
Mimik und Gestik aus Wichtigtuereien!
Körperhaltungen zeugen Verklemmtheit!
Orgasmusgefühle aus Aktionismus!
Doch deren Hirne: letztlich abgeschlafft
Gesellschaftliche Lügenparkette.
Jene Einfalt und diese Dummheit in
krebsgeschwüriger Vermehrung!
Solche Horte der Phrasendrescherei!
Jene Prüfungsabschlüsse als ein Takt
aus Selbsttäuschungen und Betrug
an eigener Seele und Geist ...
Von jenen Machenschaften fliehen,
Weichen wann immer dies möglich:
Unliebsame Bevormundung abweisen!
Oasen der Ruhefindung aufsuchen,
Orte wirklicher Entwicklung schaffen
O Mensch: Werde!
(Fagusarua 23. 03. 2018)
Anmerkung: Dieses Gedicht und das folgende wurden durch die Beobachtung einer zunehmenden Oberflächlichkeit sowie der voranschreitenden Armseligkeit geistiger Auseinandersetzung hierzulande angeregt. Wer den Verlust bzw. Rückzug von Diskurs in unserer Gesellschaft, längst durch Denken und Reden in politischer Korrektheit abgelöst, festzustellen vermag, wird es sehr leicht geststellen können: Einseitigkeit, Oberflächlichkeit, Rechthaberei, Phrasendrescherei, Fremdbestimmung durch Wort und Tat -- um nur einige für eine Demokratie kontraproduktive Unarten zu nennen -- sind allzu stark im Vormarsch. Die Inflation sogenannter Experten in den Medien und anderswo sollte langsam auch nachdenklich stimmen, inwieweit jene Begrifflichkeit jeweils noch angemessen ist ... Wer heute allein schon alles als "Philosoph" bezeichnet wird oder sich als solcher bezeichnen läßt! Da läßt sich wirklich keine Unbescheidenheit und Zurückhaltung -- wie sie wirklichen Philosophen zu Eigen ist und sein sollte -- ausmachen. Nicht jeder, der (oder: jede, die) aus einem Philosophiebuch doziert oder lehren zu müssen glaubt, erfüllt die Grundbedingung eines philosophisch ausgerichteten Lebens: die Suche nach und die Liebe zur Wahrheit. Aber die Geschwätzigkeit findet man natürlich nicht nur dort, sondern vor allem in allen Bereichen, die mit Sozialwissenschaften zu tun haben oder vorgeben, damit involviert zu sein. Wer vor allem in den Medien die Ex-Cathedra-Attitüden so mancher Politik-"Experten" erlebt, dürfte hier sehr schnell eines Besseren belehrt werden (so man es denn möchte, sich dafür auch offen hält ...): eine Welt der großen Wörter, weitgehender Inhaltsleere und Getöse, weit entfernt von dem, was wirklich vonnöten wäre: Worte, gute, große Worte! Keine Wörter! Kurzum: Bildung, wie sie grundlegend sein sollte, findet nicht mehr statt, zumindest allenfalls in kleinsten Kreisen! Zu wenig für: Demokratie. Zu wenig für wirkliche Sachkompetenz, sehr ungenügend für eigentlich notwendige Performanz. Wer die Verschulung von extrem vielen universitären Bildungsgängen kennt, der weiß, wovon ich spreche. Wer die Reduzierung von Prüfungsanforderungen (auf allen Ebenen!) zugunsten einer Präsentation geschönter Statistik erlebt, kennt das Problem (sofern man es wahrhaben möchte!). Die Kluft zwischen wirklichem Können und tatsächlich möglicher Leistung, zwischen Reden und Tun, ist jedenfalls mittlerweile viel zu groß geworden. Und ein Land, das freimütig bekennt, Bildung sei sein einziger Rohstoff, geht einen gefährlichen Weg, wenn man gerade auf diesem Gebiet statt Anstrengung Gefälligkeit und / oder Lüge pflegt ...
SoWi-Traumtänze
Allmachtsphantasien: Welt
verbindlich erklären zu wollen;
Verbissenheit in eigenen
Sümpfen aus Geltungssucht:
wohlfeil verkürzend,
besserwisserisch,
längst entglitten,
der Wirklichkeit.
Was einem nicht gefällt
wird eben passend gedacht,
auf gut dotiertem Fundament:
Widerspruch als Lästigkeit,
Denken in Gegnerschaften,
Schnelles Etikettieren von
Unliebsamen und Widerpart.
Gefallsüchtigkeit!
Ausbreitender Denksumpf:
Meinungshoheit erlangen,
Verteufelung und Angriff,
Abwesenheit von: Demut.
Orgasmen aus Rechthaberei
gespeist, gepflegt, entäußert.
Selbstgefälligkeit in Mikros,
Visagen in Kameras gedrückt.
Welch schmaler Grat lockend
in tiefe Abgründe, doch hier:
ganz ohne jedwede Loreley ...
Glanzlos dem Abgrund entgegen.
(Fagusarua, 2018)
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Vermeidung
All die ekelhaften Fressen
aus Politik und Medien
bewußt begierig aufsaugen
sich geradezu einverleiben
All jene Verlogenheiten von Übel
fest den eigenen Sinnen zuführen
(und den Eingeweiden aufdrängen)
doch in poetische Sprache gießen
Befreiungsdruck erzeugen
Den Dreck und das Elend ausfiltern
systematisch gierig masochistisch
bewußt zunächst für Augenblicke
sich verbliebenem Schönen entziehen
Katharsis Katharsis Katharsis
Der bewußte Abschied vom Drögen
Theoretischen Vorgaben entsagen
Gezielte Distanz zu Möglichkeiten
statt dessen
sich verbliebenen Träumen widmen
ernsthaft und abtauchend
Der (lange) Weg eine Einbahnstraße
mit schwarzem Tor am Ziel
(Fagusarua,2018)
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Stuhlgang
Entspannt auf der Porzellanschüssel
(Marke oder No Name: egal!)
endlose Entleerung
tiefstes Gefühl der Befreiung
(Wäre das doch immer so bei allem möglich!)
Doch dann ebenfalls: Gedankliches Innehalten
Wird auch dieses Glück irgendwann
einmal ein Ende finden?
Gedanken an drohende Endlichkeit
an stets präsente Vergänglichkeit
(Get while the getting is good!)
Danach: Ankündigung das Gefühl in Verse zu fassen,
den Augenblick festzuhalten
(Kommentar von dritter Seite dazu:)
Hoffentlich dauert das dann nicht zu lange!
(Somit die Frage nach dem Warum.)
Die Antwort: Sonst gibt es Verstopfung.
(Fagusarua 26. 03.2018)
Aufnahmen: ca. 1974
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(treues Schwanenpaar, Ende März 2018)
S t a d t
Die Stadt lügt
Buntheit als Täuschung
Gigantomanie
Vielfaltssuggestion
Hektik
Lärm
Staub
Dreck
Täuschung mit Licht
Drangsal mit Werbung
Konsum
getrieben
Rastlosigkeit
Masse ohne Klasse
Zeit drängt und zerrt
Bleigesichter
maskenhaft
anonym
entäußert
Euphemismen und Hybris
Kulturangebote
Bildungsoasen
Bedürfnisbefriedigung
Events
Abwechslung
Bürgernähe
Gemeinsamkeit
pulsierendes Leben
Dabeisein
Die Stadt lügt
zu viel Täuschung
zu laut
zu sperrig
Sie rückt in Fernen
nebelhaft
ermüdender Dunst
fast schon unsichtbar
entflohen
ausgewichen
befreit
nicht mehr bereit
Die Stadt lügt
(Fagusarua 2018)
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S e e
weit weg
gleichwohl so nah
blau
ruhig
grau
aufgewühlt
egal
Hauptsache
sie sind weg
die Fischer
mit ihrem
Angelsport
(welch Lüge
schon im Begriff!)
Hauptsache
sie sind da
weiße Schwäne
unzählige
ganz edel
und die anderen
Lebendigen
noch zahlreich
in ihren Spielen
in ihrem Tun
in ihrer Ruhe
in ihrem Wandel
Himmelszelt
über allem
wache Blicke
Ruhigendes
Sonne
Regen
Wind
Wärme
Eiseskälte
egal
Hauptsache
der See
ganz nah
im Herzen
stets geborgen
(Fagusarua, 2018)
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B e r g
Dort oben
ganz hoch
grenzenlos
weiter Blick
unverbaut
unverstellt
abgehoben
fern der Öde
Sonnenidylle
Doch was
wenn zunächst
Mühe
Schweiß
Atemnot
Doch was
wenn dann
Nebel
Dunst
Wolkenwand
Unsicherheit
Ratlosigkeit
Abkehr von der
Entscheidung
Schön fest auf
sicherem Grund
Bequemlichkeit
als Lebenselixier
Verarmung des
Empfindens
Herausforderungen
meiden
(Fagusarua, 2018)
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Fragmentarisch
Mosaiksteine
Mosaiksteine Verbindungsversuche
Verbindungsversuche Lücken
Lücken Erinnerungsplateau
Erinnerungsplateau Verklärung
Verklärung Verdrängung
Verdrängung Erinnerungsflucht
Erinnerungsflucht Märchenwelten
Märchenwelten Täuschungen
Täuschungen Lückenhaftigkeit
Mosaiksteine
(Fagusarua,.2018)
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Himmelszelt
Blick und Sehnsucht weit nach oben
with both feet on the ground
Tanzverweigerung
nicht zu dieser Musik
nicht zu diesem Orchester
Titanic als Menetekel
isnt it amazing within a maze
Kontrollverweigerung
keine Industrie 4.0
no social medias
Fehler im Diktat
Der Laune von Sonnen gehören
zugewandte Offenheit
kein Marionettentheater
Spielzeugzeit längst vorbei
dont let your dreams go by
Den Augenblick verweilen lassen
dann augen in der großstadt
Jähes Empfinden
zu schnell zerronnen
allzu flüchtig
schon vorbei
give your thoughts a chance
Warmer Strandwind wehend
wrapped in golden glance
Sanfter Wellenschlag
nah und doch zu weit
geworfene Blicke
in abendlicher Nähe
Funkelnde Sternenspiele
give yearning a chance
Himmelszelt über Meer
ziehender Wellenschlag
umhüllende Brise
Abschied jaulende Hunde
Sich einfach Alltagsfreuden hingeben
Beispiel Hamburg Hauptbahnhof
Fischbrötchen essen
in ganz nahe Augen blicken
funkelnder Glanz in Blau
Schnelles Verstehen im Augenblick
wieder augen in der großstadt
ein undisziplinierter Idiot
schafft kurze Gemeinsamkeit
lächeln und zu wenig worte
Schnell alles wieder vorbei
getrennte Wege
doch über ihnen
Himmelszelt unendlich groß
(Fagusarua, 2018)
Ich weiß, daß mir nichts angehört
Als der Gedanke, der ungestört
Aus meiner Seele will fließen,
Und jeder günstige Augenblick,
Den mich ein liebendes Geschick
Von Grund auf will grüßen.
Johann Wolfgang von Goethe
Die Bäume, die Sträucher, die Pflanzen sind der Schmuck und das Gewand der Erde.
Jean Jacques Rousseau
Dilemmata
Man hört sie reden und man hört sie dumpf kreischen,
Wie sie fortwährend nicht willkommene Töne zerfleischen.
Versuche, das passend zu machen was nicht will gefallen:
Seht doch wie in ihren Taschen sie die Fäuste längst ballen.
Doch in ihren Gesichtern diese schmierigen lächelnden Züge:
Zentnergewichte als wüsteste Repräsentanten der Lüge!
Wohin sich da wenden wem da schon noch vertrauen,
Auf welche Fundamente nun sinnvoll Hoffnungen bauen?
Auch jene, die stets unverholt lobpreisen ihre eigene Scham,
Erzeugen in Wahrheit zumeist doch nur unerträgliche Gram.
Gefangen von zwei Seiten sind sie: zugeben oder auch nicht,
O welch erstarrtes Leben in einem wahrhaft düsteren Licht!
Tagtäglich wollen sie verbreiten ihr langweiliges Betören,
Am besten sich strikt verweigern, da nicht länger zuzuhören.
Bemühe dich hier gar nicht mehr auch nur um ein Verstehen:
Verweigere jenen deine Sinne und übe dich im Übersehen.
Alles was sie sagen, versprechen, tun ist wahr mitnichten,
Sie leben höchst zufrieden gefangen in ihren Lügengeschichten!
Im Großen und im Kleinen mögen sie ruhig fernab gedeihen:
Doch kommen sie nahe möchte man gezielt voll Ekel speien.
Es ist töricht, sich auch nur ein wenig auf deren Spiele einlassen,
Denn krakenhaft würde schnell ihre Selbstsucht dich umfassen.
Aber eines kannst du lernen aus deren Sucht und ihrem Gehege:
Suche dir für dein Leben ganz andere, vor allem fernere Wege!
(fagusarua 11.05.2018)
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